Ems-Radweg

Das Wetter ist schön und Corona lässt es zu, … ich bin wieder mit dem Rad unterwegs.

01.06.2021 Anfahrt

Von Zuhause ging es zunächst mit dem Rad nach Verden zum Bahnhof, dann 3 elend lange Stunden im Zug mit FFP2 Maske, bis ich in Paderborn angekommen bin. Ich hatte keine Lust auf Stadt und wollte so schnell wie möglich raus aufs Land, … so war ich eine Stunde später schon bei der Quelle der Ems. Hier ist mir mein gutes Smartphone ohne Hülle heruntergefallen und folglich das Display kaputt gegangen. Ich kann es weder bedienen, noch ausschalten, was für ein Mist. Gott sei Dank habe ich noch mein Ersatz Handy dabei, sonst wäre hier die Fahrradtour schon wieder zuende gewesen. Meine ganze Navigation und Unterkunftsuche läuft über das Handy, da ist man schon ganz schön abhängig.

Die Quelle der Ems ist wirklich süß, eine kleine Quelle, wie sie überall sein könnte, ein kleines Rinnsal bahnt sich seinen Weg. Man kann sich kaum vorstellen, dass dieser Bach am Ende in die Nordsee fließt. Ich werde es ja erleben ;-).

Und wie immer habe ich mich nicht vorher um eine Unterkunft gekümmert, habe nicht damit gerechnet, dass schon viele Urlauber unterwegs sind, und wurde wieder eines besseren belehrt. Der Campingplatz, den ich anvisiert habe, war schon voll. Der nächste verlangte einen Corona Test von einer offiziellen Stelle, was ich auch nicht hatte, also musste ich jetzt schnell etwas tun. Fast wie von selbst tat sich auf einmal ein Testzentrum auf, ich brauchte auch keinen Termin und war sogar noch 10 min vor Feierabend beim nächsten Campingplatz, der mich aufnahm. Ich Glückspilz 😃.

Morgen geht’s dann also richtig los, mit der ersten Etappe auf dem Ems-Radweg zur Nordsee. Ich bin schon sehr gespannt.

02.06.2021 Von Hövelhof nach Sassenberg

In der heutigen Etappe hat sich die Ems von einem Bach zu einem richtigen Fluss entwickelt, das war toll zu beobachten.

Die Gegend hier ist tief katholisch, überall stehen am Wegesrand Marien- oder Jesusstatuen, je ländlicher es wird, desto häufiger habe ich sie angetroffen. Und was mir noch aufgefallen ist, es gibt hier einige Naturresevate für die Vögel, sie sind als Ausgleichsbecken für das Hochwasser entstanden und wurden nun renaturiert für die Vögel, die hier durchziehen oder nisten. So sind sehr beeindruckende Ecken entstanden, mit regem Vogelgekreische, es wird wohl gut angenommen.

Überhaupt ist die Natur hier atemberaubend, mein Weg führte mich an unglaublich schönen Ecken vorbei. Der Radweg meidet extra laute Straßen, so bin ich immer auf kleinen Wegen durch verschlafene Dörfer, vorbei an einzelnen Höfen und wie gesagt durch Naturresevate gefahren.

Morgens um 8:00 war es schon erstaunlich warm und die Temperatur kletterte stetig an, am Nachmittag hatten wir 27°, da musste ich schon die eine oder andere zusätzliche Pause einlegen. Jetzt am Abend sind es immer noch 24°, zum Glück steht mein Zelt mittlerweile im Schatten.

Auf dem Weg habe ich schon offene Freibäder gesehen, und in der Nähe von meinem heutigen Campingplatz gibt es ein besonders schönes. Also war es keine Frage, zum ‘Feierabend’ nochmal ins kühle Nass zu springen, die Abkühlung habe ich sehr genossen.

03.06.2021 Von Sassenberg nach Greven

In Warendorf haben ich den wunderschönen Marktplatz bewundert, danach ging es wieder durch ein sehr ländliches Gebiet, die Ems streife ich immer wieder, es gibt nur wenige Streckenabschnitte, die direkt am Wasser verlaufen.

Ich habe mich heute Morgen gewundert, wie ruhig alles ist, die Ortschaften waren ausgesprochen leer, dafür waren ganz viele Radfahrer unterwegs, erst sehr viel später habe ich realisiert, dass heute in NRW ein Feiertag ist. Krass, das hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Ich kann mir schon vor wie am Vatertag, überall radelten Menschen vorbei.

Nach ca 60 Kilometern war ich in der Stadt Greven und habe mal nach Campingplätzen Ausschau gehalten. Hier in der Gegend gibt es nur einen einzigen und dann weit und breit nichts mehr. Und bevor ich 90 € für ein Hotel ausgebe, habe ich kurzerhand die Tour für heute beendet. Der Campingplatz war auch schon ausgebucht, aber ich durfte mich noch in eine Ecke quetschen. Heute Nachmittag soll es noch gewittern, aber bis jetzt sind da nur drei Tropfen angekommen, auch wenn es in der Ferne immer wieder dunkel aufzieht.

Um mir die Zeit zu vertreiben, werde ich gleich noch ein paar Geocaches einsammeln.

Ich habe beim geocachen einen ganz idyllischen See gefunden, bin einmal beim gewandert und gleich mal reingesprungen, sehr erfrischend das Wasser und überhaupt nicht zu kalt. Das hat sich noch richtig gelohnt 👍

Jetzt hat es endlich angefangen zu regnen, das tut gut nach der Hitze, gute Nacht Ems, morgen radel ich an dir weiter, freue mich schon drauf.

04.06.2021 Von Greven nach Lingen

Das hat ganz schön geprasselt, die letzte Nacht, aber ich konnte gut schlafen. Ich bin zeitig aufgestanden, draußen war noch voll die Suppe, aber um 8:30 Uhr war ich wieder unterwegs.

Auf dem Weg lag eine Modell Siedlung, aus dem 4. oder 5. Jahrhundert, ein Bauernhof, mit Kräutergarten, Lehmofen, einem Rundbau zum Korn dreschen, … alles sehr liebevoll in den damaligen Materialien wiederaufgebaut. Das war sehr interessant.

In der Stadt Emsdetten habe ich mich wieder mit Proviant eingedeckt, nachdem ja gestern die Geschäfte alle geschlossen hatten. Ansonsten war die Stadt nur nervig und laut, ich bin schnell weiter gefahren.

Auch an Rheine bin ich vorbei gefahren, die schaffen es ja, solche Wege auszusuchen, dass man kaum merkt, dass man überhaupt in einer größeren Stadt ist. Mittlerweile hat sich die Sonne wieder durchgesetzt und es ist wieder warm geworden. Manchmal habe ich mich über die Wegstrecke mukiert, nach dem Regen gestern waren für Wege alles aufgeweicht und weich, schwer zu fahren.

Vor Lingen habe ich mir wieder einen Campingplatz ausgesucht, bzw so viel Auswahl hat man hier gar nicht, sonst hätte ich gleich mal wieder 25 km weiter fahren müssen. Und wenn man schon 75 Kilometer geschafft hat, dann überlegt man sich das gründlich. Jedenfalls schlafe ich heute Nacht direkt nebenan vom Kernkraftwerk, auch mal eine neue Erfahrung. Und was ich noch gar nicht gesehen hatte, direkt neben dem Campingplatz ist voll der fette Wasserfall (daher hat der Campingplatz auch seinen Namen). Das Wassergerausche wird mich heute gut in den Schlaf säuseln.

Der nächste Laden vom Campingplatz entfernt liegt 4 Kilometer weit weg, das musste ich noch schnell fahren, um an mein Feierabendbier zu kommen, … jetzt reicht es aber für heute!

05.06.2021 Von Lingen nach Steinbild

Oh, die Wetterprognose ließ nichts Gutes für heute ahnen, da würde ich wohl nass werden. Aber erstmal losfahren und dann schauen, meist wird es ja gar nicht so schlimm.

Ich brauche mal wieder einen neuen Coronatest, sonst lassen mich die Campingplätze nicht rein, aber als ich in Lingen vor der Tür stand, war es noch zu früh, … vielleicht sollte ich doch nicht so zeitig losfahren? Ich versuche es in der nächsten Stadt nochmal.

In Meppen war die Stadt rappel-dicke voll. Endlich wieder ohne Hemmungen einkaufen. Der Apotheker in der Innenstadt war ein “lustiger Vogel”. Man merkte genau, dass er seine Arbeit Ernst nimmt, so genau hat es noch niemand mit dem Test genommen, und es machte Spaß mit ihm über den Gesundheitsminister abzulästern. Und welch Überraschung, ich war wieder negativ. 🙂

Bis hierhin hatte ich Glück und bin nicht nass geworden, toi toi toi.

Der Radweg führte um ein Rückhaltebecken herum, was immer das sein sollte? Aber als ich auf die “Staumauer” mit meiner Rad hochgeschoben bin, war ich echt baff, da lag ein richtig großer See vor mir, weiter hinten gab es sogar Segelboote. Und vor mir war der “Stöpsel”, da wird das Trinkwasser entnommen. Später beim Herumradeln gab es sogar noch einen Badestrand, cooler See. Nur schade, dass das Wetter nicht danach ist.

Etwas später knatterte der ADAC Hubschrauber über mich hinweg, danach überholte mich die Feuerwehr mit Blaulicht und als ich gerade aus einem Waldweg herauskam, war der Hubschrauber gerade dabei direkt vor mir auf der Landstraße zu landen, krass wie die sich zwischen den Bäumen trauen zu landen. Weiter rechts war wohl ein schwerer Autounfall, aber nach der Landung konnte ich wieder vorbei.

Und dann war da noch ein ganz kleines Kaff, in dem eine riesige Kirche stand, ja fast schon ein Dom. Und wie sich dann herausstellte, wird die Kirche auch der Emsland-Dom genannt, ist doch lustig.

Mein Campingplatz für heute Nacht ist ein ganz kleiner und liegt direkt am Fluss, ganz schnuckeilig. Und diesmal wollten sie den Coronatest gar nicht sehen, och menno.

Und was soll ich sagen? Während es Zuhause wohl Sturzbäche geregnet hat, bin ich den ganzen Tag trocken geblieben, was für ein Glückspilz ich doch bin. Weiter so!!!

06.06.2021 Von Steinbild nach Leer

Naja, eigentlich wäre es jetzt hier die Zeit das Finale zu verkünden, das erfolgreiche Ende des Ems-Radweges.

Aber … das mit der Übernachtung ist manchmal nicht ganz einfach. Da, wo der Radweg zu Ende ist, in Emden, da ist gerade noch Hoch Inzidenz Gebiet, d.h. es sind alle Pensionen und Hotels geschlossen, h und Campingplätze gibt es in Emden nicht, wie blöd. Da hätte ich noch wesentlich weiter fahren müssen, aber auf eine “Gewalt-Tour” hatte ich keine Lust und mein Po schon gar nicht, der ist jetzt schon wund.

Also hieß es vernünftig sein, sich heute mit 55 km zufrieden geben, den Po schonen und nebenbei schon mal Wäsche waschen. So kann ich gestärkt vom Ems-Radweg auf den Nordsee-Radweg wechseln.

Ich bin also in Leer geblieben, eine wunderschöne Stadt, die ich später nochmal ausgiebiger besuchen möchte. Der Campingplatz ist nicht gerade das Highlight, aber die Innenstadt hat es mir echt angetan, kleine süße Gassen, mit interessanten Geschäften, das schreit nach mehr.

Der Radweg ab Meppen Richtung Norden ist zwar mehr typisch norddeutsch, aber dafür physikalisch wesentlich besser ausgebaut. Wie herrlich auf einem breiten neu asphaltierten Fahrradweg direkt am Fluss entlang zu gleiten, kann man schon fast sagen. Das war echte Radfahrer-Qualität, hier hat man es verstanden den Radfahren es schön zu machen.

Und landschaftlich mag ich den Norden sowieso mehr, bei jedem “Moin” geht mir das Herz auf, das klingt doch schon ganz anders, als “Tach” oder “Hallo”!

Der Fluss ist seit Papenburg zu einem Strom geworden, nicht wiederzuerkennen, die kleine Ems, wie ich sie am Anfang gesehen habe. Es mag mir vergönnt sein, schon Worte des Abschlusses zu finden: eine sehr beeindruckende Tour, die kann ich wirklich jedem empfehlen. Manchmal war der Weg wirklich arg schlimm, einmal musste ich mein voll bepacktes Rad über einen Baumstamm heben, aber das war bestimmt die Ausnahme.

07.06.2021 Von Leer nach Norddeich

Es gibt im Ems-Radweg eine Fährverbindung und zwar fast am Ende kurz vor Emden. Der Radweg führt vorher linksseitig immer am Deich entlang. Auf dem Deich grasen die Schafe und damit die nicht abhauen kommt alle 1-2 Kilometer ein Tor mit groben Streben im Boden, wo man als Radfahrer drüber fahren kann. Das hat mir echt Spaß gemacht. Und die kleinen Lämmer waren auch so süß.

Obwohl ich mich bemüht habe rechtzeitig losfahren, habe ich die Fähre in Ditzum um 5 Minuten verpasst, naja die fahren ja um Stundentakt. Ich war auch nicht der einzige Radfahrer, auch der Nordsee Radweg führt hier über diese Fähre.

Emden war etwas nervig, die Inzidenzzahlen sind hier im Vergleich zum Rest der Republik noch recht hoch, in der gesamten Innenstadt war Maskenpflicht, auch draußen. Und die Suche nach dem nächsten Coronatest gestaltete sich echt schwierig. Nachdem ich 20 min lang versucht habe, mir über eine Webseite einen Termin zu besorgen, hat es mir gereicht und ich habe mich einfach eingereiht in die Wartenden, und wenn ich dann sage, dass ich Radtourist bin, dann drücken sie gern mal ein Auge zu. Die ganze Prozedur hat mich echt Zeit gekostet. Und dann wird man noch von der Polizei angeraunzt, weil man gerade keine Maske aufhat.

Den Besuch des Ottohus habe ich dann mal eben auf später verschoben, ich hätte auch nicht gewusst, was ich mit meinem ganzen Gepäck hätte machen sollen. So ist es doch eine Gelegenheit nochmal wiederzukommen.

Scheinbar hat letzte Nacht der Wind gedreht, ich hatte hinter Emden jedenfalls fast die ganze Zeit den Wind in Gesicht. Das ist nicht schön, man kommt nur mit Beharrlichkeit voran. Trotzdem habe ich es bis nach Norddeich geschafft, zwar nur mit letzter Kraft nach fast 90 Kilometern an diesem Tag.

Unterwegs gab es immer wieder schöne Fotomotive und jede Menge Leute, die freundlich “Moin” sagen. Ich liebe das!

Der Campingplatz ist sehr luxuriös, so ist er auch der teuerste auf der ganzen Reise bisher, heiße Duschen for free. Geil, das habe ich gleich mal ausnutzt. 😃

08.06.2021 Von Norddeich nach Wilhelmshaven

Heute bin ich an den ostfriesischen Inseln vorbei gefahren, Juist und Norderney waren noch im morgendlichen Nebel, Baltrum und Langeoog waren schon zu sehen und Spiekeroog und Wangerooge waren perfekt auch mit Einzelheiten zu sehen.

Ansonsten war der Teil direkt am Deich eher langweilig, hin und wieder steht man mal auf dem Deich, um rüber zu schauen, aber da gibt’s ja auch nur Watt. Die Abfahrtsorte der Fähren waren schon interessanter, hier gab es auch Fischkutter zu sehen und die eine oder andere Bude mit Fischbrötchen. Zum Schluss ging mir der Rummel schon etwas auf den Keks, da war ich dann froh, als es wieder landeinwärts ging, Richtung Jever. Jaaaa, und diesmal hatte ich Rückenwind, wenn man überhaupt von Wind reden konnte, aber man hat es schon richtig gut gemerkt.

Schon um 14:00 Uhr hatte ich meine 80 Tages-Kilometer abgefahren und mich gefragt, was jetzt kommt? Ein Blick auf die Karte zeigte, dass es bis Wilhelmshaven echt nicht mehr weit ist. Und gestern hatte ich mir überlegt in Wilhelmshaven die Tour zu beenden und mit dem Zug nach Hause zu fahren.

Na, sowas. Dann ging es auf einmal ganz schnell und jetzt sitze ich schon im Zug und kann ganz bald meine Liebste wieder in meine Arme schließen 😍.

Gesamtkilometer sind 615 zusammen gekommen, ich hätte gewettet, dass ich die 640 Kilometer von dem Elbe Radweg noch toppen werde, so kann man sich täuschen. Mit dem Fahrrad ganz nach Martfeld zu fahren, hätte ich zeitlich nicht mehr geschafft, … so ist das doch ein guter Kompromiss!

Ich bin jetzt eine Woche und ein Tag unterwegs, es war eine wunderschöne Zeit – ich freue mich schon jetzt aufs nächste Jahr, wenn ich wieder mit dem Fahrrad aufbreche.