Bretagne

Anfahrt

Ich höre Menschen sich im Zug unterhalten: “Nein, das nächste Mal fahren wir nicht mehr mit der Bahn.” Schade eigentlich, … aber meine Erfahrungen mit der Deutschen Bahn sind nicht besser. Letztes Wochenende fiel der Zug komplett aus, und diesmal 2 Stunden Verspätung, bevor ich den Zug nach Paris besteigen konnte.

Dafür ging es ab der französischen Grenze richtig flott und ohne Probleme.  Im TGV steht an der Scheibe ein Satz: “Laissez vous rever” – “Sie dürfen träumen!” Die Einladung nehme ich gerne an!

Eine Nacht in Paris, eine laue Sommernacht, abends um 22:00 Uhr immer noch 26°, das erste französische Bier zischt. Am nächsten Tag Ankunft in der Bretagne, in der Kleinstadt Morlaix. Mann, bin ich froh, nicht mehr diese schweren Fahrradtaschen tragen zu müssen, die kann man nicht richtig fassen und die Arme werden lang.

Die Touristinfo in Morlaix war meine Rettung, die einzige Adresse, die sich bereit erklärt hat, mein zuvor verschicktes Fahrrad im Karton anzunehmen und zu bewahren, bis ich komme. Die Leute dort sind richtig nett, ich darf auch vor Ort mein Rad wieder zusammenbauen. Und schon gehts los, die ersten Meter im Ort, und morgen startet die Fahrradtour richtig. Witzigerweise zeigt mein Tacho heute beim Start der Tour genau 1000 Kilometer, das kann man sich gut merken, da brauche ich ihn nicht auf Null zu stellen.

An der rosa Granitküste

“Rolf, hast Du Dir das gut überlegt?” “Ja, habe ich!” “O.k. – dann kannst Du weiterfahren.”

Der Fahrradweg ist explizit als “schwerer Radweg” gekennzeichnet, jetzt weiß ich warum: jedes “Juchu” muss mit einem “Och nööö”, nicht schon wieder den Berg hoch, bezahlt werden.

Am frühen Nachmittag habe ich an einer Frittenbude Louis-Marie kennengelernt, er ist 38 Jahre alt und fährt schon seit einem Jahr mit seinem Fahrrad durch Europa. Er hat die gleiche Tour vor und sagt selbst: “sehr langsam”, wenn es ihm irgendwo gefällt, dann bleibt er.

Wir sind erstmal zusammen weiter gefahren. “Och, wir haben noch  Zeit, lass uns noch ein bisschen weiter fahren, es gibt eine Jugendherberge, da will ich fragen, ob Sie noch einen Platz haben. Er zieht ein weiches Bettchen der harten Iso-Matte im Zelt vor. Ich habe mich mal angeschlossen, am Ende sind 86 Kilometer draus geworden, und das bei den ständigen “Hochs und Runters” ist doch schon beachtlich.

Immer noch an der Granitküste

Endlich regnet es, Zuhause habe ich so lange darauf gewartet und nichts ist passiert, daher hat mich der Nieselregen heute auch nicht abgeschreckt weiterzufahren.

Die Küstenlandschaft in diesem Teil der Bretagne ist wunderschön, heute habe ich extra einen Abstecher zu den rosa Granitfelsen gemacht.

Und für den Abend habe ich mir einen schönen Campingplatz am Meer ausgesucht, die erste Nacht im Zelt, ich habe meinen Kissenbezug vergessen, nun muss ich so auf meinem Pullover schlafen ;-).

Langsam komme ich dahinter, wie man Berge hochfahren kann, der Trick besteht darin, einfach langsamer zu werden, notfalls bis kurz vorm Umfallen, aber auf keinen Fall absteigen, das macht hier niemand, da wird man gleich als Touri entlarvt. Das hat heute schon ganz gut geklappt, und wird morgen bestimmt noch besser.

Weiter geht´s in der Bretagne

Ich habe heute jeden Berg sitzend im Sattel erklommen, auch die mit 10% Steigung oder mehr. Das war nicht einfach. Ich wurde motiviert durch ein deutsches Pärchen, wir haben uns heute morgen beim Frühstück kennengelernt, sie fahren den gleichen Radweg und wir haben beschlossen, heute zusammen zu fahren. Die beiden, Anfang 30, haben echt mehr Power und sind auch schon seit 2 Wochen mit dem Fahrrad unterwegs. Es war schön die Erlebnisse auf der Tour teilen zu können.

Wir waren heute Abend noch zusammen essen in einem typisch französischen Restaurant, es gab Galettes, Salat, Muscheln und Crepes. Alles sehr lecker. Und das in einem urtypischen Restaurant direkt am Hafen.

Cap Frehel und Saint Malo

Das Schöne am Rad-Reisen ist, Du kannst ohne schlechtes Gewissen richtig schlemmen: Baguette, Süßigkeiten, Eis, Kekse, die Boulangerie einmal von links nach rechts, herrlich. Du strampelst sowieso wieder alles ab, und auf dem “La Velomaritim” hundertprozentig!!!

Heute ging es zum Cap Frehel, am Ende stand der Leuchtturm, und wie immer an solchen Orten sind da viele Touristen. Aber hier hat 90% deutsch gesprochen, echt krass. Rund um das Cap gibt es herrliche weiße Sandstrände, kein Wunder also.

Mich hat es weiter gezogen in die nächste Stadt: Saint Malo. Eine ganz besondere Altstadt, denn rings herum ist die Stadtmauer noch erhalten und der Clou, man kann auf  ihr einmal ganz herumgehen. Ansonsten habe ich mich gefreut, dass heute Sonntag ist, und die ganzen Geschäfte in der Alstadt geschlossen hatten. Nicht auszumalen, was hier an Werktagen los ist.

Mont-Saint-Michel - die Klosterinsel

Obwohl der Wetterbericht Besserung für heute versprach, hingen die Wolken heute morgen so tief, dass ich mir die Regenhaube über den Helm gezogen habe. Und schon den zweiten Tag kein Gegenwind mehr, ich bin geflitzt, wie noch nie auf dieser Tour, Komoot sagt ich sei im Schnitt mit 20 km/h gefahren, es waren auch fast keine Berge mehr dabei.

Ein paar schöne Motive kreuzten meinen Weg, bis ich am frühen Nachmittag schon an meinem heutigen Ziel angekommen war: der Ort, von dem ich dachte, er wäre das absolute Highlight auf meiner Tour überhaupt: die Klosterinsel “Mont-Saint-Michel”.

Nein, es war nichts falsch und ich bin auch nicht enttäuscht. Vielleicht waren die Erwartungen etwas zu hoch, nach den schönen Bildern, die ich überall über diesen Ort gesehen habe. Auch wenn es mir am Anfang krass vorkam, wieviele Menschen hier mit den Bussen angekarrt werden, ich hatte schon Bilder, wie am Kaiserpalast in Peking im Kopf, waren es letztendlich keine Massen.

Ich glaube, was meine Stimmung etwas getrübt hat, war die karge Innenausstattung, aber was soll man erwarten von einem christlichen Ort, der schon im 7-ten Jahrhundert entstanden ist? Und mit der christlichen Kultur verbinde ich sowieso eher Kargheit, Abgeschiedenheit, Strenge vor sich selbst. Rauschende Gelage gehören nicht so in dieses Bild, schade eigentlich, oder?

Und noch was: mit der heutigen Tour ist die Bretagne Geschichte, ich bin jetzt in der Normandie. So schnell kann das gehen 😉 .

Hier geht´s weiter in der Normandie:

Normandie (bitte anklicken)